Gegen das Vergessen 
Wir, die noch in Kinderzeiten ohne Smartphone / Mobiltelefon auskommen mussten, kennen sie noch. Die Notrufsäulen. Hat nicht jeder von uns damals als “Mutprobe” sich an einer Notrufsäule rangeschlichen und den Schalter umgedreht? Und sobald eine tiefe Stimme aus dem “Off” sprach liefen wir weg, in der Gewissheit “uns kriegen sie eh nicht”? Heute kann man sich kaum noch erinnern, mit Einzug des Mobiltelefon und der immer größeren Verbreitung wurden die Notrufsäulen irgendwann nicht mehr gebraucht.
Fast unbemerkt wurden sie nach und nach abgeschaltet, ausser Dienst gestellt. Und warteten, und warteten, und warteten, ja worauf eigentlich? An einer Entsorgung war nicht zu denken, zu aufwendig und kostspielig. So gingen die Jahre ins Land und die Notrufsäulen bekamen eine andere Bestimmung. Ob man sich mit einem Edding Stift auf dem Gehäuse verewigten, oder Plakate und Aufkleber sich ihren Platz am Gehäuse suchten, sich Graffiti Künstler verewigten, und auch das Wetter betrieb seinen Raubbau an die stummen Diener. Und irgendwie gerieten sie in Vergessenheit. Nicht mal Jahrzehnte später wusste man kaum noch wo diese stehen oder nahm sie einfach nicht mehr wahr. Wurden Straßen und Gehwege umgebaut, entsorgte man die Notrufsäulen gleich mit. Es war schließlich ein “Aufwasch”.
1956 erblickten die Notrufsäulen auf der internationalen Polizeiaustellung in Essen das Licht der Welt. Dort wurden die 2,20m hohen grobklötzigen Notrufsäulen der Öffentlchkeit vorgestellt. Das Prinzip war einfach im “handylosen” Zeitalter, wenn man schnelle Hilfe beanspruchte. Ein Dreh am Knopf und war man sofort mit der nächsten Polizeidienststelle oder Feuerwehr verbunden. Wenn man Opfer oder Zeuge eines Unfalls wurde, oder einen Brand melden wollte, konnte man so schnell und einfach die Polizei oder Feuerwehr benachrichtigen. Zur Bestätigung leuchtete oben drauf eine drehende Alarm-Lampe. Klaglos verrichteten sie jahrelang ihren Dienst bis sie außer Dienst gestellt wurden. Im Januar 2011 fanden die Notrufsäulen doch wieder eine Erwähnung in der Zeitung. “Notrufsäulen verschandeln die Bürgersteige”, “Hässlich – Nutzlose Notrufsäulen vergammeln seit Jahren”. Was man in der Zeitung ansonsten ja mal kurz überfliegt war doch (zumindest bei mir) interssant. So konnte man lesen das 50 Notrufsäulen in Aachen an verschiedenen Standorten ihren Dienst verrichteten.
Von den ehemals 50 Notrufsäulen verblieben noch ca. 30 an ihren Standorten. 20 von ihnen wurden im Zuge von Straßensanierungen abgebaut. Einfach Abreissen ging nicht, neben dem isolieren der Kabeln im Boden musste auch der Bordstein wieder saniert werden da die Säule fest im Boden einzementiert ist. Zu teuer für die Stadt. Nun, im Januar 2013 sah das dann wieder anders aus. Im Rahmen der Aachener Kampagne “Sauberes Aachen” sollte den verbliebenden Notrufsäulen entgültig der Garaus gemacht werden. Die Säulen sollen weg damit Aachen sauberer und schöner wird.
Zur Zeit wird die Kostenfrage geklärt, im Anschluss daran sollen die Säulen entgültig verschwinden aus der Aachener Geschichte. Interessanterweise gibt es von den verbliebenden Notrufsäulen noch ganze zwei die offiziell noch im Betrieb sind. Unmittelbar vor der Feuerwache Nord an der Mathieustraße und der Polizeiwache Süd in Kornelimünster. Man fragt sich warum? Die Antwort ist einfach, ist die Feuerwehr ausgerückt und es brennt kann man sich mit der nächsten Feuerwache verbinden lassen. Auch der Landesbetrieb für Straßen NRW unterhält noch 6 Notrufanlagen in Aachens Tunneln (z.B. Adenauer-Allee und Melaten Tunnel). Der Grund ist auch hier einfach wie plausibel. In Tunneln ist der Mobilfunkempfang zum Absetzen eines Notrufes via Handy nicht immer möglich. Das ist mit den Notrufsäulen gewährleistet. Es werden die letzten stummen Zeugen einer Epoche sein.
Als ich nun in der Zeitung las dass das unweigerliche Ende der Notrufsäulen eingeläutet wird, musste nun gehahndelt werden. Vor meinen geistigen Auge versuchte ich mich zu erinnern wo denn die Notrufsäulen noch stehen könnten. Alternativ versuchte ich über Facebook genaueres heruszufinden und startete einfach mal einen Aufruf. Und siehe da, die Reaktion war doch überraschend positiv und viele schrieben wo sie denn so eine Notrufsäule noch gesehen haben. Erschreckend wenn man so manchen Standort laß, z.B. Berliner Ring / Ecke Breslauer Straße. Da fährt man doch 100x vorbei und hat sie nicht gesehen auf der Ecke, die einsame rote Notrufsäule. Auch auf “Siegel” steht eine, da fährt man ja auch nicht zum ersten mal vorbei.
Erschreckend wie man Dinge, die immer schon da sind, einfach nicht mehr wahrnimmt. Da mich das Thema nun doch fazinierte war die Idee geboren alle verbliebenden Notrufsäulen einen Besuch abzustatten und sie zu fotografieren. Von den möglichen 30 Notrufsäulen konnte ich mit Hilfe der Hinweise tatsächlich 18 Stück auffinden. Aber wo ist der Rest? Wer könnte es besser Wissen als die Polizei? Eine eMail mit der Bitte um sachdienliche Hinweise wurde an einem Tag beantwortet. Spitze! Leider konnte man mir nicht helfen und verwies mich an die Feuerwehr. Also eine eMail auch dorthin, und wiederum nach wenigen Stunden die Antwort mit einer Übersicht der verbliebenden Notrufsäulen. Herrlich und Danke Danke sag ich da nur 🙂 Allerdings ist die Liste auch nicht mehr aktuell gepflegt, denn viele Standorte sind mittlerweile verwaist. Aber einige gilt es noch abzuklappern ehe sie ganz verschwunden sind aus unserem Stadtbild.
Hier die gefundenden Notrufsäulen mit ihrem Standort:
Krakaustraße/ Hubertusstraße
Polizeiwache Haaren / Alt-Haarener-Straße
Reinhardstraße / Albert-Maas-Straße
Linterstraße / Fliederweg
Schönrathstraße / Aussemstraße
Kasinostraße / Bendstraße
Friedrich-Ebert-Allee / Viehofstraße
Ronheider Weg / Luxemburger Ring
Adenauer-Allee / Monschauer Straße
Forster Weg / Brandenhofer Weg
von Coels Straße / Kleebachstraße
Berliner Ring / Breslauerstraße
Kornelimünsterweg / Brandenhofer Weg
St. Gangolfsberg / Steinkaulplatz (Kornelimünster)
PS: Weitere Bilder folgen sobald verfügbar.
Also da sind wirklich einige bei, wo man (fast) täglich vorbei fährt und man sieht sie nicht mehr.
Das ist schade.
Man ist je geradezu verleitet, die Stadt zu fragen, ob man eine kaufen kann und dann (wenn vorhanden) im Garten aufstellt, als Zeitzeuge.